„Ein Business wie andere auch“

„Ein Business wie andere auch“

Von Barbara Schuster für Blickpunkt Film

Auch wenn Gretchenfilm noch in den Kinderschuhen steckt, kann die junge Produktionsfirma bereits beachtliche Projekte vorweisen. Neben Daniel Brühls Regiedebüt produziert sie auch den nächsten Film von Robert Schwentke mit.

Der Gretchenfrage will Annegret Weitkämper-Krug mit Gretchenfilm nicht auf den Grund gehen. Dennoch stand – neben der Anspielung auf den Vornamen der Firmengründerin – die berühmte Figur aus Goethes Faust Pate bei der Namenswahl ihrer 2019 gegründeten Produktionsfirma: Zu ihrem Freundeskreis zählt auch der österreichische Schauspieler Philipp Hochmair, der am Thalia Theater in ihrer Heimatstadt Hamburg jahrelang den Mephisto gab. Die Entscheidung, den Schritt in die Filmbranche zu wagen, fiel bei Weitkämper-Krug relativ spät. Ihre bisherige Karriere verbrachte sie im Kunstbereich. Die Unternehmerin, die BWL und Kunstgeschichte studierte, hat über viele Jahre eine Agentur aufgebaut und geleitet, die Unternehmen und Sammlungen im Bereich bildende Kunst berät. Unter anderem hat Weitkämper-Krug die Sammlung der Hypovereinsbank mit zusammengestellt.

„Zur Filmbranche hat mich letztlich Burkhard Driest gebracht.“

Er wollte noch einen Film produzieren, ist dann aber Anfang 2020 leider verstorben. Dennoch hat er mein Interesse entfacht, und ich bin über einen Schauspielerfreund ganz unvorbereitet auf zwei oder drei Filmsets mitgegangen. Einfach, um mir das mal anzugucken.

So reifte in mir der Entschluss, den Schritt ins Produktionsfach zu wagen. Die unternehmerischen Aspekte einer GmbH schreckten die Hanseatin dank ihres großen Erfahrungsschatzes nicht ab: „Die kann man sich aneignen. Für die konkrete Umsetzung gibt es die Kreativen und Fachleute.“

„Zur Filmbranche hat mich letztlich Burkhard Driest gebracht.“

Er wollte noch einen Film produzieren, ist dann aber Anfang 2020 leider verstorben. Dennoch hat er mein Interesse entfacht, und ich bin über einen Schauspielerfreund ganz unvorbereitet auf zwei oder drei Filmsets mitgegangen. Einfach, um mir das mal anzugucken. So reifte in mir der Entschluss, den Schritt ins Produktionsfach zu wagen. Die unternehmerischen Aspekte einer GmbH schreckten die Hanseatin dank ihres großen Erfahrungsschatzes nicht ab: „Die kann man sich aneignen. Für die konkrete Umsetzung gibt es die Kreativen und Fachleute.“

Auch wenn das Projekt mit Burkhard Driest nicht mehr realisiert werden konnte, so wurde über ihn noch der Kontakt zu den Berliner Kollegen von Mavie Films, Aysel Yilmaz und Erkan Acar, gelegt. Sie boten Weitkämper-Krug an, als Koproduzentin in die Komödie Faking Bullshit einzusteigen, die gerade erst beim Pop-Up des Filmfest München Weltpremiere feierte und unter anderem aufs Festival nach Kitzbühel weiterziehen wird. Kinostart über Telepool war am 10. September 2020. Auch wenn dieses Genre bei Gretchenfilm nicht allein im Fokus steht, sei es durchaus ein interessantes Feld. Zudem habe die Mitarbeit unglaublich viel Spaß bereitet, so Weitkämper-Krug. Auf die Fahnen geschrieben hat sich die Neu-Produzentin nämlich die nationale und internationale Koproduktion von Filmen, die in Verbindung zu bildender Kunst, Literatur, Musik oder Theater stehen.

Gretchenfilm meets Mavie Films

19. Dezember 2019

Foto: Instagram @gretchenfilm

Gretchenfilm meets Mavie Films

19. Dezember 2019

Foto: Instagram @gretchenfilm

„Ich möchte Projekte mit künstlerischem Anspruch. Aber es soll sich auch kommerziell auszahlen.“

Auf internationaler Ebene hat Gretchenfilm kurz nach Gründung Anfang 2019 den Kurzfilm The Passenger mitproduziert, den der bis vor kurzem in Los Angeles lebende österreichische Filmemacher Alexander Bruckner nach einer Kurzgeschichte von Stephen King inszenierte und damit mehrere Preise gewinnen konnte, unter anderem bei den Los Angeles Film Awards.

The Passenger

Gaëlle Gillis, Ben Dahlhaus, Randy Hernandez

The Passenger

Gaëlle Gillis, Ben Dahlhaus, Randy Hernandez

Zum Firmencredo führt Weitkämper-Krug aus: „Ich möchte hochwertige Unterhaltung produzieren, versuche, Projekte mit künstlerischem Anspruch zu realisieren. Aber es soll sich immer auch kommerziell auszahlen. Das Filmeproduzieren ist schließlich eine Unternehmung. Ich denke, dass Filme auch relativ unabhängig von Förderungen realisierbar sind. Vielmehr versuche ich, durch mein Umfeld Privatleute für Film zu begeistern, sie zum Investieren zu bewegen. Bei Faking Bullshit ist uns das bereits gelungen.

In Deutschland ist diese Herangehensweise in der Filmbranche eher selten, in den USA ist es üblich; im Kunstbereich allgemein ebenfalls. In meinen Augen ist die GmbH durchaus ein Feld, in das man investieren kann. Natürlich gibt es hierzulande das Fördersystem. Aber Filme herstellen hat ein unternehmerisches Ziel. Man kann nicht nur über Fördergelder Filme realisieren, sondern sollte als Produzent durchaus auch ins Risiko gehen. Dafür hat man seine Parameter wie Drehbuch, Regie, Besetzung, anhand derer das unternehmerische Risiko abgeschätzt werden kann.“

Cannes

17. Mai 2019

Foto: Instagram @annegret_artadviser

„Als Produzent sollte man durchaus ins Risiko gehen.“

Weitkämper-Krugs Netzwerk in der Filmbranche befindet sich noch im Aufbau, dennoch schreitet die Produzentin mit großen Schritten voran: „Ich war letztes Jahr das erste Mal beim Marché du Film in Cannes. Dort konnte ich viele Kontakte knüpfen. Das ist durchaus mit dem Kunstmarkt zu vergleichen, in dem sich die Akteure ebenfalls auf Messen treffen und ihre Netzwerke erweitern beziehungsweise knüpfen.“ Im Hinblick auf das hohe Tempo fügt die Produzentin nüchtern hinzu: „Zwei bis drei hochklassige Filmprojekte pro Jahr strebe ich schon an. Außerdem ist es doch so, wenn man ein Unternehmen gründet, gehört ein relativ zügiges Voranschreiten, die Umsetzung eines gewissen Portfolios dazu. Sonst hab’ ich doch kein Unternehmen.“ Gleichzeitig räumt sie ein: „Meine Firma steht noch ganz am Anfang. Ich will mich nicht überheben. Deshalb brauche ich Partner an meiner Seite.“

„Ich handele bei Angeboten natürlich erst einmal intuitiv.“

Besonders stolz ist sie, Koproduzentin von Daniel Brühls Regiedebüt Nebenan zu sein, der unlängst abgedreht werden konnte und sich nun in der Postproduktion befindet. „Ich handele bei den Angeboten natürlich erst einmal intuitiv, ob mich das Thema, der Stoff anspricht. Dann überprüfe ich die finanziellen und künstlerischen Parameter. Bei Nebenan fand ich spannend, dass ein angesehener Autor wie Daniel Kehlmann das Drehbuch geschrieben hat und es sich natürlich um das Regiedebüt von Daniel Brühl handelt. Zwei große Namen. Malte Grunert, den Hauptproduzent von Amusement Park, habe ich über meinen Anwalt, Harro von Have, kennengelernt. Er ist ein versierter, sehr erfahrener Produzent – auch auf dem internationalen Parkett – ein idealer Partner für mich.“ Warner ist ebenfalls Produktionspartner und bringt den Film als Verleih in die Kinos.

Eine weitere Koproduktion von Gretchenfilm ist der Dokumentarfilm Richter Unplugged

„Hier bin ich nun wirklich in meiner Kunstwelt: Es ist ein Film über Daniel Richter, der neben Neo Rauch einer der bekanntesten deutschen Künstler seiner Generation ist“, erklärt Weitkämper-Krug. Regie führt Pepe Danquart. Hauptproduzent ist Benjamin Seikel von C-Films. Arte ist Senderpartner, Weltkino übernimmt den Verleih und Vertrieb. Ein Kinostart ist Ende 2021 angepeilt. Doch damit nicht genug: Gretchenfilm unterstützt als Koproduzent auch den neuen Film von Robert Schwentke: Der international bekannte deutsche Filmemacher, der kurz vor dem Lockdown die Dreharbeiten des Blockbusters Snake Eyes: G.I. Joe Origins in trockene Tücher bringen konnte, kehrt nach Der Hauptmann erneut nach Deutschland zurück, um nach eigenem Drehbuch einen Film über Seneca zu drehen. Annegret Weitkämper-Krug tritt an die Seite von Frieder Schlaichs Filmgalerie 451, die bereits Der Hauptmann produzierte, um die internationale Produktion mit John Malkovich in der Titelrolle zu stemmen. Gedreht werden soll ab Februar 2021 in Marokko, Förderung gab es bereits von BKM, Media und Medienboard.

“Ich bin sehr kinoaffin, liebe das Kino.”

Dass der Fokus von Gretchenfilm auf Kino liegt, habe sich einfach ergeben. Ausgeschlossen sei nicht, zukünftig auch das Terrain der Sender und Streamer zu bedienen. „Ich bin sehr kinoaffin und liebe das Kino. Es kamen bis dato einfach mehr interessante Kinoprojekte auf meinen Schreibtisch. Gleichzeitig möchte ich mich gerne in den Fernsehbereich wagen. Ideen gibt es bereits. Hierbei arbeite ich eng mit Mark von Seydlitz von made in munich movies zusammen. Es ist wichtig, auch andere Wege einzuschlagen.“ Für die Zukunft kann sich Annegret Weitkämper-Krug durchaus vorstellen, irgendwann als Hauptproduzentin zu agieren: „Ich muss erst noch mehr Erfahrung sammeln, mir die nötige Sicherheit aneignen, bis es soweit ist, bis ich Projekte federführend durchführen kann. Ideen hätte ich schon genug!“ Was ihr an der Filmbranche als „unbedarfte“ Quereinsteigerin auffällt, seien doch die sehr männerdominierten Führungsebenen.

„Ich bin im Verband deutscher Unternehmerinnen im Vorstand tätig. Ich kenne also viele Unternehmerinnen aus allen möglichen Branchen. In der Filmbranche sind Frauen in Führungspositionen rar gesät. Ich denke, da müsste man dringend stärker hinarbeiten!“ Gut also, dass die Branche mit Gretchenfilm um eine weitere frauengeführte Produktionsfirma bereichert wird.

Production Details

Genre
Production
,
Premiere
Theatrical Release
Director
Cast
u. a.
Cinematography
Editing
Screenplay
Score
Production Design
Costume Design
Production
Coproduction
Funding